Der Verband der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V. fordert mittelstandsfördernde Rahmenbedingungen
11. April 2024
Anlässlich der Eröffnung der Wanderausstellung "Textil? Zukunft!" in der „Oberlausitzer Webschule“ fand der Pressetermin in Großschönau statt.
Unter anderem reflektierten ausgewählte vti-Mitgliedsunternehmen, die auch in der Ausstellung vertreten sind, ihre Sicht der aktuellen Wirtschaftssituation für das eigene Unternehmen und ihrem Beitrag in der Ausstellung Textil?Zukunft!:
- Sachsen Fahnen GmbH & Co. KG
- Abraham Dürninger & Co GmbH
- Ploucquet GmbH
Thomas Lindner
Vorsitzender des Vorstands des Verbands der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V., Chemnitz
Vizepräsident Gesamtverband textil+mode e. V., Berlin
Geschäftsführer Strumpfwerk Lindner GmbH, Hohenstein-Ernstthal
Dr.-Ing. Jenz Otto
Hauptgeschäftsführer im Verband der Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V., Chemnitz
Mittelstand
Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Statistische Zahlen in einschlägigen Internetportalen beschreiben das. In Deutschland gab es im Jahr 2021 rund 3,15 Millionen kleine und mittlere Unternehmen. Damit machen die KMU über 99 Prozent aller Unternehmen in Deutschland aus. Sie tragen mit rund 61 Prozent zur gesamten Netto-Wertschöpfung bei, stellen 55 Prozent der Arbeitsplätze bereit und beschäftigen 80 Prozent der Auszubildenden.
Insbesondere die Textil- und Bekleidungsindustrie ist klein und mittelständisch strukturiert. Über 70 Prozent der produzierenden Unternehmen unseres Verbandes haben weniger als 50 Mitarbeiter und nur 18 Prozent haben mehr als 100 Mitarbeiter. Neue bzw. erweiterte Regulierungen mit umfangreichen Nachweispflichten, wie z. B. das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder die Lieferkettenrichtlinie der EU, die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie oder die in Arbeit befindliche EU-Regelung zu entwaldungsfreien Lieferketten, überfordern die Unternehmen oder können aufgrund fehlender Ressourcen schlichtweg nicht geleistet werden. Beteuerungen der Politik, dass ja nur große Unternehmen davon betroffen seien, sind, wie die Praxis zeigt, falsch.
Ohne eine auf den Mittelstand ausgerichtete Wirtschaftspolitik besteht die Gefahr des Rückgangs und des Verlusts der industriellen Leistungsfähigkeit des Landes. Auch die Arbeitsplätze werden verloren gehen. Der zunehmende Bürokratieaufwand und Nachweispflichten müssen auf ein absolut notwendiges und für den Mittelstand ertragbares Maß reduziert werden.
Umsätze / Konjunktur
Die meisten unserer Mitglieder klagen über sinkende Umsätze und rückläufige Auftragseingänge.
Die reinen Umsatzzahlen bilden die reale Situation in den Unternehmen nicht mehr ab. Durch den Einfluss der Inflation in Form gestiegener Kosten in allen Bereichen, wachsen zwar die Umsätze, jedoch die Erträge schmelzen. Zu den Kostentreibern zählen Energie (sowohl Strom als auch Gas), Rohstoffe, Aufwendungen für Logistik und Transport und die Arbeitskosten.
Die aktuellen Konjunkturzahlen des Gesamtverbandes der deutschen Textil- und Modeindustrie geben einen umfassenden Branchenüberblick. Zwar sind nach teils exorbitanten Kostensteigerungen der Rohstoffe in 2022/2023 diese wieder auf niedrigere Niveaus gesunken, die Energiepreise bleiben jedoch (trotz Medienmeldungen) auf einem historisch hohen und nicht wettbewerbsfähigen Niveau. Damit ist insbesondere die Textilindustrie im Nordosten mit einem Exportanteil von 48 Prozent zunehmend gefährdet.
Die Umsätze der ostdeutschen Textilindustrie (> 50 MA) sind nach einem relativ stabilen Jahr 2023 zum Jahresende deutlich weggebrochen. Der Dezember-Umsatz verlor zum Dezember 2022 ca. 9 Prozent. Besonders die Bekleidungsindustrie litt in 2023 unter extremen Druck. Regelrecht dramatisch präsentiert sich für beide Sparten der Januar 2024.
Textil | Bekleidung | T+B | |
Jahr 2023 zu 2022 | + 5 Prozent | ./. 16,7 Prozent | + 4,2 Prozent |
Januar 2024 | ./. 10 Prozent | ./. 10,9 Prozent | ./. 11 Prozent |
Insbesondere die Entwicklung zum Jahresende und im Januar lassen die Hoffnungen auf eine Erholung der Branche im neuen Jahr sinken.
Wirtschaftliche Lage
In der Auswertung einer von der IG Metall durchgeführten Befragung von bundesweit über 2.500 Arbeitnehmervertretern im Februar/März 2024 warnt auch die Gewerkschaft vor verstärkter Abwanderung der Produktion ins Ausland. Über 30 Prozent der befragten Betriebe berichten von einem hohen bis sehr hohen Verlagerungsrisiko insbesondere der Produktionsbereiche. 63 Prozent der Betriebe haben noch im Herbst 2022 von einer guten bis sehr guten Lage berichtet. Im Frühjahr 2024 waren das nur noch 51 Prozent.
Auch Textilunternehmen unseres Verbandsgebietes haben bereits in Produktionsstätten im Ausland investiert. Viele Betriebe lassen Produktionsschritte im osteuropäischen Ausland durchführen oder importieren Vorprodukte, die in Europa nicht mehr produziert werden. Solche Entscheidungen werden immer durch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen beeinflusst. Wettbewerbsfähige Kostenstrukturen für Energie und Rohstoffe, Rücknahme des politischen Einflusses auf die Entwicklung der Arbeitskosten und die Beachtung der regionalen Produktion insbesondere bei der öffentlichen Beschaffung können dazu beitragen, auch weiterhin Wertschöpfung durch Industrieproduktion in Deutschland möglich zu machen.
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